Samstag, 12. März 2011

begegnung mit denen, die für ordnung sorgen

verleihen wir diesem blog nun endlich einmal journalistische bedeutsamkeit, einverstanden? gegebenen anlasses wegen gibt es nämlich ein phänomen zu beschreiben, dass ich, wenngleich sich mir die haare aufstellen beim gedanken, schubladendenken im internet zu betreiben, als schlicht nicht wenig peruanisch bezeichenen muss: korruption.


ich gurke so mit franciscos kleinem motorrad durch die gegend. weil es toll ist. weil ich auf alternativensuche bin. weil ich haferflocken kaufen will. weil das nachmittägliche licht so schön ist. weil ich in peru bin und es doch nicht so schlimm ist, mit nem unversicherten moped rumzududeln. weil das motorad so langsam ist, dass verrücktgewordene hunde nebenherrennen und uns ins bein beißen können. weil motorrad fahren über die breite avenida pachacutec einfach toll ist, ein bisschen mehr freiheit…. weil ich einfach fahre.

fahrend also bewege ich mich hierlang und da lang und sehe viele polizisten, die sich ein bisschen etwas dazu verdienen: sie stehen an den hauptverkehrspunkten und halten möglichst viele autos, busse, lkws und motorräder an, um.. na, dazu später.

ich weiche also aus. hier über die sandseitenstraße und dann weiter unten wieder zurück auf die hauptstraße.. so komm ich überall hin, wo ich will. naja, auf dem rückweg penn ich im geschwindigkeitsrausch den berg hinunter und verpass die letzte abbiegemöglichkeit… fahr den netten beigebraunen herren also voll in die arme. wie gesagt, sie halten jeden an. winkt mich zurseite. ich halte, visier auf (zum glück hab ich wenigstens nen helm auf…), guten abend. guten abend, ihre papiere bitte. führerschein und versichherungsschein. hm, hier mein führerschein, ist nen internationaler und dann hab ich noch das… ah ja, fahrzeugschein… und die versicherung? ich stelle mich doof: hm, das motorrad ist geliehen, der freund hat mir in eile nur das mit gegeben, von mehr weiß ich nicht… (ich weiß ganz genau, ich werde auch nicht zum ersten mal angehalten, aber zum ersten mal alleine und zum ersten mal mit solch einem gravierenden mangel, die versicherung…) das motorrad muss versichert sein. hm, ist es bestimmt, vermutlich liegt der versicherungsschein zuhause und mein freund hat das in der eile vergessen.. ja, aber die papiere müssen immer vollständig sein, in so einem fall muss dann das motorrad mit aufs revier und kann dort dann unter vorlage der versicherungsunterlagen abgeholt werden. hm aber der schein liegt sicher bei meinem freund zuhause. ohne papiere geht das nicht, das motorrad muss zur polizeiwache. jetzt? ja, sicher, es wird ein strafzettel aufgestellt und muss dann abgeholt werden.

hm, kenn ich schon: standartbluff. wer hat von den kerlen hier, staatliche würdenträger, denn die lust, den aufwand zu betreiben???

also, ähm, ich bin sicher das motorrad ist versichert, es muss doch ne andere möglichkeit geben? ja, sagen sie mir das, sie haben die papiere nicht vollständig. ich weiß nicht, aber es ist ja nun kein großes ding… hm, (er sieht sich ein bisschen um, senkt die stimme) sie könnten eine unterstützung leisten, für neue reifen für die streifenwagen, für ein bisschen sprit… ah, ja, hm, klar, nur, das ist schwierig, ich habe kaum geld, komme grad vom supermarkt, hab haferflocken und sahne gekauft, dafür nimmt man ja nicht viel geld mit… tja.. (ich krame, hab aber wirklich nicht mehr viel, zudem nen gefälschtes fünfsolesstück) also, ich habe hier acht soles… ja, das reicht aber nicht, und die münze ist gefälscht… oh, wirklich, das wusste ich nicht, wie erkennt man das (so lerne ich mittlerweile falschgeld zu erkennen, immer anzudrehen versuchen und dann fragen, wie man das denn erkenne…)? sie ist angerostet… oh, ja, die echten rosten also nicht? nein. hm, mehr hab ich aber leider nicht… nun, dann muss ich den strafzettel ausstellen, der kostet 500soles, dann muss dein freund das motorrad von der komisserie mit einem versicherungsnachweis abholen. hm, ich könnte nach hause fahren und eben etwas geld holen…? wo wohnst du denn? dort unten in jose galvez, ganz am anfang… hm, ja, in ordnung, sonst müssten wir das motorrad mitnehmen. gut. (er steckt meine papiere ein) beeil dich, ich erwarte dich hier. selbstverständlich, geht ganz schnell.

visier runter, motor an, abgehts. den letzten berg rase ich runter… ich weiß nicht. ich muss halb lachen, aber mir schnürt sich das lachen ab.. im grunde ist es ja doch zum heulen. ich blicke unterwegs noch eine schönheit in schlechtem zustand hinterher und hinterlasse meine handynummer, dann komme ich zuhause an. hab aber nur nen zwanzigsolesschein, das wär ja auch übertrieben. dann frage ich anna, sie leiht mir ein paar münzen mehr, so komme ich auf elf soles, die zwanzig nehm ich dennoch mit, ist schon eindeutig, der typ hat mich voll in der hand. aufs motorrad, den berg wieder hoch am großen kreisverkehr werd ich allen ernstes auf der jetzigen seite angehalten und muss dem polizisten erklären, dass senor david (das ist garantiert nie sein wirklicher name, aber ich hatte vorher trotzdem frech gefragt, er schluckt also und sagt david, hihi, schmunzeln hat er mich machen…) auf der anderen seite da hinten auf mich wartet und meine papiere hat. wer? ihr kollege, senor david. ein polizist (sein fragender blick verrät die kreativität meines peinigers)? ja, dort drüben hat er mich vorhin angehalten und wartet jetzt auf mich… hm.. darf ich? ja gut…

ich stelle mein motorrad vor nen polizeipickup (warum müssen die eigentlich dreilitermotoren haben?) und gehe langsam in seine richtung. er hält gerade ein anderes auto an und gibt mir mit einem unsichtbaren zeichen zu verstehen, dass ich dort abseits warten soll… einen augenblick später kommt er zu mir, stellt noch die alibifrage, wo ich denn so gutes spanisch gelernt hätte -> bin freiwilliger, schon fast ein halbes jahr hier, und so weiter und so fort. dann sagt er sowas, wie ja, nun? ich hol meinen münzenstapel raus, er zieht ne miene, ich geb ihm zehn soles und leg noch einen drauf und sage, zehn für neue reifen und einen für nen kaffee… hm, das ist aber wenig.. ja, tut mir leid, als freiwilliger verdienen wir eben nichts, mehr kann ich nicht geben… ja, hm.

er dreht sich um und geht zurück auf die straße, um irgendwen unglücklichen anzuhalten. ich bin frei.

wie bewertet man sich. nun, nicolas, hast du korruption unterstützt. hm, mist, das wusste ich vorher schon, der gedanke begleitet mich immer. in diesem fall hatte der polizist recht: ich bin ohne versicherung unterwegs. aber die realität sieht so aus: sie finden immer etwas, immer. und so verdienen sie sich etwas. sie stehen mehrköpfig dort und bekommen aus den autofenstern münzen in die hand gedrückt… während zwei blöcke weiter handys geklaut werden oder zwei banden auf einanderlosgehen und die umliegenden scheiben dabei einschlagen.. hm, polizei. ist son begriff hm? wird überall auf der welt ein bisschen anders verstanden… wenn ich hier frage, hypothetisch, wann wird es eine korruptionsfreie polizei geben, lachen die leute.

scheiße? ja, scheiße… und was macht man? keine ahnung. im april wen bestimmtes wählen? theoretisch… naja, alle versprechen die bekämpfung der korruption; der nationalist ollanda; die fujimoritochter keiko, die ihren wahlkampf mit der knete von papa diktator bestreitet, der aus dem knast blumen schickt; der wie ein us-pole wirkende kuczynski, der aber in peru geboren ist und wohl herausragender ökonom ist; toledo, der die meisten stimmen bisher hat, der liberalste unter den kandidaten ist, aber große, schwierige schritte mit der peruanischen wirtschaft vor hat… keine ahnung. wirklich, es ist ein trauriger punkt in der peruanischen realität. die polizisten werden schlecht bezahlt, die ausbildung ist superkurz, man kommt glaube ich sogar ohne schulabschluss hinein. mehr bezahlen? länger ausbilden? besser aussuchen?

 

und ich? hör ich jetzt auf, motorrad zu fahren? wohl kaum. eher nehm ich jetzt immer nen zehner mit, drecksau, systemunterstützer…

3 Kommentare:

  1. Moin Nico,
    so läuft das hier in Mexiko auch, ich wurde in Mexiko Stadt zusammen mit Ben (einem anderen Freiwilligen) beim Wildpinkeln erwischt (ja war schon ziemlich blöd). Wir mussten jeweils 100 Pesos (6€) zahlen, sonst hätten wir mit aufs Revier fahren müssen und Lisa hätte uns abholen dürfen. Jaja, die Korruption...
    Man muss nur aufpassen, dass man das nicht in Tschland versucht...

    Muchos saludos de Oaxaca,
    Simon

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  2. Haha, Simon, warum denn eigentlich nicht? "Komm, hier haste 4 Euro für ne Reifen und 30 Cent für nen Kaffee schenk ich dir auch noch!" Sollte man mal ausprobieren :P

    Lösungsvorschlag: Immer zu dritt mit zwei Arechicas aufm Motorrad unterwegs sein, dann sind die Serenazgos alle neidisch und keiner hält dich an :)

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  3. Tja Nico, auch in der DomRep ist das so. Ich hab immer so getan als wenn ich nicht weiss was er von mir will. Irgendwann hatten die immer die Nase voll und haben mich fahren lassen. Gibst Du einmal musst Du immer. Gruß GERRIT

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