Sonntag, 20. März 2011

(sich) regen

heute fällt hier in lima der erste regen nach monaten erbarmungsloser sonne. das gefühl des kühlen nass auf der so eingestaubten haut, der gesang des wellbleches unterm streicheln der tropfen, der kühle geruch der vom wasser endlich klargewaschenen luft... ich liebe regen, kein zweifel, die symptome sind eindeutig: ich bin sehr verliebt... möge sie mich bei gelegenheit wieder besuchen. mir scheint, in lima hält sie sich nicht gerne auf, meine geliebte, also hoffe ich. und irgendwann fahre ich sie besuchen, in den andinen bergzügen, im urwald um den ucayali, und ganz bestimmt irgendwann wieder auf einer berliner straße bei nacht, wenn kein mensch unterwegs ist...



und seht ihr dieser tage mal den mond? und denkt ihr dann? und was denkt ihr dann?


mond und regen.
ich möchte heulen. 
ein bisschen
wie ein beschütztes kind
ein bisschen
wie ein allein streifender wolf...



ein kind im wolfespelz
ein wolf im kinderspeck
.

Dienstag, 15. März 2011

alltag. ...all? ...tag?

es wird dunkel, ziemlich schnell. in der küche brennt licht, eine freundin schneidet erdbeeren, um dann marmelade daraus zu kochen, die besonders auf den andinen brötchen - sie haben irgendeinen geschmack, den ich wiedererkenne, aber nicht bennen kann - göttlich schmeckt.


ich denke vorhin im bus über meinen letzten eintrag nach. er zeugt ein bisschen von hirnlosigkeit: ich verurteile das korrupte system, von dem ich selbst so unheimlich profitiere, da es mich ohne eigentlichen zweiradführerschein und die obligatorische versicherung motorrad fahren lässt, was ich sehr genieße…


meine knöchel jucken von den bissen meiner lieben zimmermitbewohner, die ich vermutlich schon in der siebten generation durchfüttere und auch eigentlich nie jage. gestern nacht wird es mir dann aber zu bunt, greife mein handtuch und schlage vom schlaf benommen nach dunklen punkten an meinen wänden. vermutlich hauche ich kein bisschen leben aus. danach kann ich besser schlafen.


ich öffne ein paket, das ich seit zwei monaten schon für verschollen halte. meine mama schickt mir eindrücke einer reise. noch viel mehr aber das gefühl tiefer verbundenheit und mindestens unbeschreiblicher verwandtschaft. mindestens. wenn ich einmal eine sprache erfinde, dann erfinde ich ein wort dafür.


ich öffne ein anderes paket und muss nur lächeln, als ich aus der nasenflöte tatsächlich den ersten ton schnaube und rawwrr mir dabei zuschaut. rawwrr wehrt sich ein bisschen, als mein bester freund ihn mit den plastikinstrumenten einpackt. basti trägt an seinem linken arm davon auch ein paar hübsche kratzer davon. danke für diesen einsatz deines lebens, mit dinos ist nicht zu spaßen. hier ist rawwrr jetzt aber glücklich. ich muss nur gelegentlich seine gummigliedmaßen zurecht biegen, damit er nicht umkippt.


vor mir liegt eine zeichnung. nein… ein versuch. nie konnte ich gut menschliche formen zeichnen, inspiriert von einem bild aus yad vashem will ich das ändern, nehme meinen lieben weichen bleistift, das bald transparente blatt weißen papiers und beginne mit der nase. ich selbst bin runder als früher, bin mehr weißhaut und blondschopf als je zuvor. mein mensch wird - ohne dass ich zeichnend darüber nachdenke - ein knochenmagerer, mistrauisch blickender mann mit indianischen gesichtszügen und dem festen, schwarzen, eigenwilligen haar der menschen, denen ich im meiner vermeintlichen realität hier täglich begegne. ich brauche mehr papier und kohle…


meine beschäftigung für morgen ist - da noch keine interessenten zu meinen spärlich angepriesenen workshops erscheinen: ein besuch im örtlichen rathaus, um vielleicht ganz zaghaft eine kooperation mit der stadt in die wege zu leiten, die uns vor allem die möglichkeit geben soll, unserem entstehenden kleinen jugendzentrum einen namen geben und mehr werbung machen zu können, ohne mit lizensbestimmungen und steuerpflichten zu kollidieren. ein flugblatt fertig gestalten, welches den schülern genau hier im speziellen und den hier flanierenden jugendlichen im allgemeinen unser bescheidenes, aber von herz gespeistes angebot bekannt zu machen. das erste regal fertig gestalten, in dem eine erste ansammlung von büchern nach art einer bibliothek zum verleihen dargeboten werden wollen. vielleicht ein paar neue takte auf der panflöte üben, einen menschen rückseitig zeichnen, den sich mit unbeschreiblich gaunerhafter geschwindigkeit auf meinem zimmerboden sammelnden sand hinausfegen, endlich mal einen brief schreiben oder zwei, ein paar szenen shakespeare weiterlesen, eine banane in die noch warme erdbeermarmelade tunken und abbeißen…


beim schreiben meines kleinen irrepresentativen gedankenabbildes gibt mir ein stück musikalischer (sub-)kultur eine menge starker gefühle, die doch kaum zu befriedigen sind, weshalb ich wohl anschließend auf die rote japanische schönheit steige und zu meinen ebensoroten holzkesseln fahre, um ein haptisch und akkustisch gefühlebefriedigendes erlebnis zu erfahren.





ich frage mich, was alltag ist.


ich weiß, dass das für mich belanglos bleiben kann.


meine schwester hat mir geschrieben, wir leben, ist das nicht das größte?




ja, ist es, schwesterherz. wir leben. das ist das größte.

dieser tage nehmen wir das vielleicht einmal mehr wahr.

mit blick auf eine traurige insel.


Samstag, 12. März 2011

begegnung mit denen, die für ordnung sorgen

verleihen wir diesem blog nun endlich einmal journalistische bedeutsamkeit, einverstanden? gegebenen anlasses wegen gibt es nämlich ein phänomen zu beschreiben, dass ich, wenngleich sich mir die haare aufstellen beim gedanken, schubladendenken im internet zu betreiben, als schlicht nicht wenig peruanisch bezeichenen muss: korruption.


ich gurke so mit franciscos kleinem motorrad durch die gegend. weil es toll ist. weil ich auf alternativensuche bin. weil ich haferflocken kaufen will. weil das nachmittägliche licht so schön ist. weil ich in peru bin und es doch nicht so schlimm ist, mit nem unversicherten moped rumzududeln. weil das motorad so langsam ist, dass verrücktgewordene hunde nebenherrennen und uns ins bein beißen können. weil motorrad fahren über die breite avenida pachacutec einfach toll ist, ein bisschen mehr freiheit…. weil ich einfach fahre.

fahrend also bewege ich mich hierlang und da lang und sehe viele polizisten, die sich ein bisschen etwas dazu verdienen: sie stehen an den hauptverkehrspunkten und halten möglichst viele autos, busse, lkws und motorräder an, um.. na, dazu später.

ich weiche also aus. hier über die sandseitenstraße und dann weiter unten wieder zurück auf die hauptstraße.. so komm ich überall hin, wo ich will. naja, auf dem rückweg penn ich im geschwindigkeitsrausch den berg hinunter und verpass die letzte abbiegemöglichkeit… fahr den netten beigebraunen herren also voll in die arme. wie gesagt, sie halten jeden an. winkt mich zurseite. ich halte, visier auf (zum glück hab ich wenigstens nen helm auf…), guten abend. guten abend, ihre papiere bitte. führerschein und versichherungsschein. hm, hier mein führerschein, ist nen internationaler und dann hab ich noch das… ah ja, fahrzeugschein… und die versicherung? ich stelle mich doof: hm, das motorrad ist geliehen, der freund hat mir in eile nur das mit gegeben, von mehr weiß ich nicht… (ich weiß ganz genau, ich werde auch nicht zum ersten mal angehalten, aber zum ersten mal alleine und zum ersten mal mit solch einem gravierenden mangel, die versicherung…) das motorrad muss versichert sein. hm, ist es bestimmt, vermutlich liegt der versicherungsschein zuhause und mein freund hat das in der eile vergessen.. ja, aber die papiere müssen immer vollständig sein, in so einem fall muss dann das motorrad mit aufs revier und kann dort dann unter vorlage der versicherungsunterlagen abgeholt werden. hm aber der schein liegt sicher bei meinem freund zuhause. ohne papiere geht das nicht, das motorrad muss zur polizeiwache. jetzt? ja, sicher, es wird ein strafzettel aufgestellt und muss dann abgeholt werden.

hm, kenn ich schon: standartbluff. wer hat von den kerlen hier, staatliche würdenträger, denn die lust, den aufwand zu betreiben???

also, ähm, ich bin sicher das motorrad ist versichert, es muss doch ne andere möglichkeit geben? ja, sagen sie mir das, sie haben die papiere nicht vollständig. ich weiß nicht, aber es ist ja nun kein großes ding… hm, (er sieht sich ein bisschen um, senkt die stimme) sie könnten eine unterstützung leisten, für neue reifen für die streifenwagen, für ein bisschen sprit… ah, ja, hm, klar, nur, das ist schwierig, ich habe kaum geld, komme grad vom supermarkt, hab haferflocken und sahne gekauft, dafür nimmt man ja nicht viel geld mit… tja.. (ich krame, hab aber wirklich nicht mehr viel, zudem nen gefälschtes fünfsolesstück) also, ich habe hier acht soles… ja, das reicht aber nicht, und die münze ist gefälscht… oh, wirklich, das wusste ich nicht, wie erkennt man das (so lerne ich mittlerweile falschgeld zu erkennen, immer anzudrehen versuchen und dann fragen, wie man das denn erkenne…)? sie ist angerostet… oh, ja, die echten rosten also nicht? nein. hm, mehr hab ich aber leider nicht… nun, dann muss ich den strafzettel ausstellen, der kostet 500soles, dann muss dein freund das motorrad von der komisserie mit einem versicherungsnachweis abholen. hm, ich könnte nach hause fahren und eben etwas geld holen…? wo wohnst du denn? dort unten in jose galvez, ganz am anfang… hm, ja, in ordnung, sonst müssten wir das motorrad mitnehmen. gut. (er steckt meine papiere ein) beeil dich, ich erwarte dich hier. selbstverständlich, geht ganz schnell.

visier runter, motor an, abgehts. den letzten berg rase ich runter… ich weiß nicht. ich muss halb lachen, aber mir schnürt sich das lachen ab.. im grunde ist es ja doch zum heulen. ich blicke unterwegs noch eine schönheit in schlechtem zustand hinterher und hinterlasse meine handynummer, dann komme ich zuhause an. hab aber nur nen zwanzigsolesschein, das wär ja auch übertrieben. dann frage ich anna, sie leiht mir ein paar münzen mehr, so komme ich auf elf soles, die zwanzig nehm ich dennoch mit, ist schon eindeutig, der typ hat mich voll in der hand. aufs motorrad, den berg wieder hoch am großen kreisverkehr werd ich allen ernstes auf der jetzigen seite angehalten und muss dem polizisten erklären, dass senor david (das ist garantiert nie sein wirklicher name, aber ich hatte vorher trotzdem frech gefragt, er schluckt also und sagt david, hihi, schmunzeln hat er mich machen…) auf der anderen seite da hinten auf mich wartet und meine papiere hat. wer? ihr kollege, senor david. ein polizist (sein fragender blick verrät die kreativität meines peinigers)? ja, dort drüben hat er mich vorhin angehalten und wartet jetzt auf mich… hm.. darf ich? ja gut…

ich stelle mein motorrad vor nen polizeipickup (warum müssen die eigentlich dreilitermotoren haben?) und gehe langsam in seine richtung. er hält gerade ein anderes auto an und gibt mir mit einem unsichtbaren zeichen zu verstehen, dass ich dort abseits warten soll… einen augenblick später kommt er zu mir, stellt noch die alibifrage, wo ich denn so gutes spanisch gelernt hätte -> bin freiwilliger, schon fast ein halbes jahr hier, und so weiter und so fort. dann sagt er sowas, wie ja, nun? ich hol meinen münzenstapel raus, er zieht ne miene, ich geb ihm zehn soles und leg noch einen drauf und sage, zehn für neue reifen und einen für nen kaffee… hm, das ist aber wenig.. ja, tut mir leid, als freiwilliger verdienen wir eben nichts, mehr kann ich nicht geben… ja, hm.

er dreht sich um und geht zurück auf die straße, um irgendwen unglücklichen anzuhalten. ich bin frei.

wie bewertet man sich. nun, nicolas, hast du korruption unterstützt. hm, mist, das wusste ich vorher schon, der gedanke begleitet mich immer. in diesem fall hatte der polizist recht: ich bin ohne versicherung unterwegs. aber die realität sieht so aus: sie finden immer etwas, immer. und so verdienen sie sich etwas. sie stehen mehrköpfig dort und bekommen aus den autofenstern münzen in die hand gedrückt… während zwei blöcke weiter handys geklaut werden oder zwei banden auf einanderlosgehen und die umliegenden scheiben dabei einschlagen.. hm, polizei. ist son begriff hm? wird überall auf der welt ein bisschen anders verstanden… wenn ich hier frage, hypothetisch, wann wird es eine korruptionsfreie polizei geben, lachen die leute.

scheiße? ja, scheiße… und was macht man? keine ahnung. im april wen bestimmtes wählen? theoretisch… naja, alle versprechen die bekämpfung der korruption; der nationalist ollanda; die fujimoritochter keiko, die ihren wahlkampf mit der knete von papa diktator bestreitet, der aus dem knast blumen schickt; der wie ein us-pole wirkende kuczynski, der aber in peru geboren ist und wohl herausragender ökonom ist; toledo, der die meisten stimmen bisher hat, der liberalste unter den kandidaten ist, aber große, schwierige schritte mit der peruanischen wirtschaft vor hat… keine ahnung. wirklich, es ist ein trauriger punkt in der peruanischen realität. die polizisten werden schlecht bezahlt, die ausbildung ist superkurz, man kommt glaube ich sogar ohne schulabschluss hinein. mehr bezahlen? länger ausbilden? besser aussuchen?

 

und ich? hör ich jetzt auf, motorrad zu fahren? wohl kaum. eher nehm ich jetzt immer nen zehner mit, drecksau, systemunterstützer…

Montag, 7. März 2011

der traum des pongo

…von josé maria arguedas

ein mann trat in das landhaus der hacienda seines patrones ein. da er leibeigener war, kam er, um seine schicht als pongo zu leisten, als diener in der großen residenz. er war klein, elenden körpers, schwachen gemüts, gänzlich bemitleidenswert; seine kleidung alt.

der große herr, patron der hacienda, konnte das lachen nicht zurückhalten, als ihn dieser kleine mann in der eingangshalle der residenz begrüßte.

-bist du mensch oder sache?- fragte er ihn vor all den dienstleuten.
voller scham antwortete der pongo. verschreckt, mit eisigen augen, stand er dort.
-mal sehen!- sprach der patron –immerhin wird er wissen, wie man töpfe abwäscht, wenigstens wird er den besen benutzen können mit diesen seinen händen, die wirken, als wären sie nichts. schaff diesen abfall weg!- befahl er dem anleiter der hacienda.

sich niederkniend küsste der pongo dem patron die hände und folgte dem anleiter in die küche.

der kleine mann hatte einen schmächtigen körper, seine kräfte entsprachen dennoch denen gewöhnlicher männer. all jenes, was man ihm auftrug zu tun, tat er gut. in seinem antlitz jedoch spielte etwas wie entsetzen, einige diener lachten über diesen anblick, andere bedauerten ihn.
-waise der waisen, die kälte seiner augen muss der sohn des mondwindes hervorrufen, das durch und durch traurige herz.- sagte die mestize köchin, als sie ihn sah.

der kleine mann sprach mit niemandem, arbeitete schweigsam; aß in stille. alles, was man von ihm verlangte, erfüllte er. –ja, mein papachen; ja, mein mamachen.- war, was er zu sagen pflegte.

wohlmöglich aufgrund dessen ausdrucks von gewissem grauen und wegen dessen so lumpiger kleidung und schlichtweg, weil er sprechen wollte, empfand der patron eine besondere verachtung für den mann. immer bei sonnenuntergang, als die diener sich zum beten des ave maria in der halle des landhauses versammelten, quälte der patron den pongo vor all der dienerschaft; schüttelte ihn durch, wie einen klumpen fell.

er stieß ihm gegen den kopf und befahl ihm, sich hinzuknien, und, wie er schon angeschlagen da saß, gab er ihm leichte schläge ins gesicht.
-ich glaube, du bist ein hund. bell!- sagte er ihm.
der kleine mann konnte nicht bellen.
-stell dich auf alle vier beine!- befahl er ihm dann.
der pongo gehorchte und machte einige schritte auf vier beinen.
-trotte zur seite, wie ein hund!- hielt der gutsherr an, ihm befehle zu erteilen.

der kleine mann konnte rennen wie die kleinen hunde aus dem altiplano.
der patron lachte aus vollem halse; das lachen ließ seinen ganzen körper erbeben.
-komm zurück!- schrie er, als der diener dahertrottend das ende des flures erreicht hatte.
der pongo machte kehrt, seitlich rennend. er kam erschöpft an.

einige seinesgleichen, bedienstete, beteten während alledem das ave maria, langsam, wie ein wind im inneren des herzens.
-heb die jetzt ohren, häschen! ein häschen bist du!- ordnete der herr dem müden kleinen mann erneut an. –setz dich auf zwei pfoten; nimm die hände zusammen.-
als hätte er im bauch seiner mutter eine krankheit erlitten, die ihn zu einem häschen werden lässt, ahmte der pongo exakt die haltung eines dieser kleinen tiere nach, wenn sie still und bewegungslos dasitzen, als würden sie den felsen eine predigt halten. aber er konnte die ohren nicht heben.

der patron trat ihn mit dem stiefel, ohne jedoch zu fest zuzulangen, und stieß ihn auf den steinboden der flures nieder.
-lasst uns das vater unser beten.- sagte er später zu seinen indios, die aufgereiht warteten.
der pongo erhob sich langsam, konnte jedoch nicht beten, weil er sich weder an der stelle befand, die ihm zustand, noch diese stelle irgendwem zustehen würde.

in der abenddämmerung verließen die bediensteten den flur hinab über den hof hin zum weiler der hacienda.
-verschwinde brötchen!- befahl der patron ihm gewöhnlich danach.
und so ließ der patron seinen neuen pongo sich jeden tag wälzen; vor der gesammelten dienerschaft. er befahl ihm, zu lachen, weinen zu fingieren. er überließ ihn dem spott von seinesgleichen, den häschen.

aber… eines nachmittags, als es zeit für das ave maria war, als die eingangshalle gefüllt war von allen menschen der hacienda, als der patron begann, den pongo mit seinen dichten augen anzusehen, sprach dieser, dieser kleine mann, sehr deutlich. sein gesicht war immernoch etwas verschreckt.
-großer herr, ich bitte um erlaubnis; mein väterchen, ich möchte dir etwas erzählen- sagte er.
der patron hörte nicht, was er hörte.
-was? du bist es, der gesprochen hat, oder jemand anderes?- fragte er.
-ihrre erlaubnis, väterchen, dir zu erzählen. du bist es, dem ich erzählen möchte- wiederholte der pongo.
-sprich also… wenn du es kannst- antwortete der besitzer der hacienda.

-mein vater, mein herr, mein herz- begann der kleine mann zu sprechen. –ich habe heute nacht geträumt, wir zwei wären gemeinsam tot, gemeinsam waren wir tot-
-mit mir? du? erzähl alles, indio!- sagte ihm der große patron.
-da wir tote männer waren, mein herr, erschienen wir mir entkleidet. wir zwei gemeinsam; nackt vor unserem großen vater san francisco-
-und danach? sprich!- befahl der patron, halb verärgert, halb unruhig durch seine neugier.
-wie er uns so sah, tot, nackt, zusammen, prüfte unser großer vater san francisco uns mit seinen augen, die weiter reichen und messen, als wir es uns denken können. dich und  mich prüfte er, nachdenkend, glaube ich, er prüfte unser herz, was wir waren und was wir sind. wie ein reicher und großer mann hast du vor diesen augen gestanden, mein vater-
-und du?-
-ich kann nicht wissen, wie ich dort stand, großer herr. ich kann nicht wissen, was ich wert bin-
-gut, erzähl weiter-
-danach also sprach unser vater mit seinem mund: „von allen engeln der schönste komme. diesen unvergleichbaren begleite ein anderer kleiner engel, der auch der schönste sei. der kleine engel bringe einen goldenen kelch und diesen goldenen kelche fülle mit dem klarsten honig vom zuckerrohr.“-
-und dann?- fragte der patron.

die diener, die indios lauschten, lauschten dem pongo, mit aufmerksamkeit, doch ängstlich.
-mein eigner: kaum hatte unser großer vater san francisco den befehl gegeben, erschien ein engel, glänzend, hoch wie die sonne; er kam zu unserem vater, langsam gehend. hinter dem größeren engel marchierte ein weiterer kleiner, hübsch, von weichem licht wie der lichtschimmer der blumen. in seinen händen brachte er einen goldenen kelch-
-und dann?- wiederholte der patron.
-„größerer engel: bedecke diesen kavalier mit dem honig aus dem goldenen kelch; deine hände seien wie federn, wenn sie über den körper des mannes gleiten“ sagend, befahl unser großer vater. und so nahm der erhabene engel den honig mit seinen händen und strich deinen körper ein, gänzlich, vom kopf bis zu den spitzen deiner zehen. und du erhebtest dich, allein; im lichtschein des himmels überstrahlte das licht deines körpers, als wäre er aus durchscheinendem gold gemacht-
-so müsste es sein. sagte der patron und später fragte er -und dich?-
-als du im himmel erstrahltest, befahl unser großer vater san francisco von neuem: „von allen engeln des himmels komme jener, der am wenigsten wert ist, der gewöhnlichste. dieser engel bringe einen benzinkanister voll menschlicher exkremente.“-
-und dann?-

-ein engel, der nichts mehr wert war, alt, schuppiger beine, dem die kräfte nicht ausreichten, die flügel gerade zu halten, kam zu unserem großen vater; er kam sehr müde an, mit triefenden flügeln, einen großen kanister in seinen händen tragend. „herrje alter“, befahl unser großer vater diesem armen engel. „schmiere den körper dieses kleinen mannes mit den exkrementen ein, die du in diesem bleckkanister gebracht hast; den ganzen körper, wie auch immer; bedecke ihn, wie du kannst. schnell!“ also holte der alte engel die exkremente mit nackter hand aus dem kanister, beschmierte mir ungleich den körper, wie man lehm an irgendeine hauswand wirft, ohne vorsicht. und ich erschien beschämt im licht des himmels, stickend…-
-genau so müsste es sein.- bestätigte der patron -weiter! oder ist die geschichte am ende?-

-nein, mein väterchen, mein herr. als wir uns also neuerlich, wenngleich auf andere weise, zusammen, wir beide, vor unserem großen vater san francisco sahen, betrachtete er uns auch von neuem, erst dich, dann mich, lange zeit. mit seinen augen, die den himmel erfüllten, ich weiß nicht, in welche tiefe er uns betrachtend gelangte, die nacht und den tag zusammengenommen, vergaß er die erinnerung. und später sagte er: „all jenes, was die engel mit euch tun sollten, ist schon getan. nun: leckt euch gegenseitig ab! langsam, für lange zeit.“ in gleichen moment verjüngte der alte engel; seine flügel erlangten ihre schwarze farbe zurück, ihre große kraft. unser vater vertraute ihm an, zu überwachen, dass sein wille sich erfülle.