Samstag, 18. Dezember 2010

kurze episode und zwei fetzen

um kurz vor sieben klingelt der wecker und ich stehe auf, beim öffnen der zimmertür schon spüre ich, dass etwas anders ist als normalerweise. ich laufe los, den gleichen weg wie immer. auf der brücke über die panamericana, an die ich mich in eineinhalb wochen mit ausgestrecktem daumen stellen werde, sehe ich schon... als ich die leichten schuhe dann in den tiefen sand setze, kommt aus süden eine beinahe-wolke aus möwen unterschiedlicher größe, malung und schnabelform. ich lasse mich in den sand, den ich mittlerweile irgendwie schon wirklich kenne, fallen, während diese wolke sich langsam auflösend über meinen kopf schwebt. es ist anders als normalerweise.

der himmel ist so grau, das meer ist so rau. die unendliche, farblose himmelsmasse hängt ganz tief über der erd- und meeresoberfläche, gen wüste scheint der nebel mit leichtem gelbbraunton durchsetzt, dieses licht, das dabei entsteht... die wasserberge stürzen mit großem getöse zusammen, so hoch haben sie sich zuvor nicht aufgerichtet. in hoher frequenz rollen die wellen und schieben sich bis auf den strand, dicken weißgelben schaum tragend. sie bersten heute so mächtig, die pelikangruppen fliegen nicht, gelegentlich ein einzelner oder mal zu zweit. ich vermute, der ozean lässt heute nicht zu, dass sich einer auf den vorherfliegenden verlässt. auch einzeln kann man die augen aber nicht von ihnen lassen, sie fliegen vor dem kamm der welle und wenn sie bricht, sich förmlich überschlägt, lassen die pelikane sich von der verdrengten luft einige meter in die luft heben, um dann in das nächste tal zu sinken. zwei der hunde, die bei meinem letzten strandbesuch ins pelikanmahl vertieft waren, ich erkenne sie wieder, galloppieren jetzt im seichten wasser am strand entlang... ja, so ein hund wäre ich..

tendenziell werde ich beim laufen schneller, kann die strecker in kürzerer zeit zurücklegen. genauso tendenziell bleibe ich immer länger am meer, hält das meer mich immer mehr gefangen. ich liebe es, mich dort fangen zu lassen. nur leider muss ich irgendwann zurück, auch zur arbeit. so auch heute, beim gehen drehe ich mich noch einige male um, um die vögel fliegen zu sehen, den unsichtbaren horizont zu suchen, mit meinem blick den jagenden hunden hinterherzujagen. (irgendwann werde ich mal einen freien tag hingehen und schlafen im sand. ich will dort am meer im sand schlafen...) dabei fällt mir auf, dass es an diesem meer ein geräusch nicht gibt, was ich sonst bisher immer gehört habe, wenn ich an anderen meeren war: das rollen der steine, wenn die wellen sich zurückziehen. hier gibt es keine steine. und was es auch nicht gibt, sind muscheln. keine einzige. dafür unzählige krebshäute. dann laufe ich los, auf dem rückweg vermischt sich all das, was ich sehe, wenn ich im wunderschön grauen – ja, es ist wirklich das perfekte grau – sand sitze, mit dem, was mir sepúlveda über die möwe kengah erzählt...



während ich hier halb liege und schreibe, zieht hilda in der küche nebenan drei meerschweinchen das fell über die ohren. ganz wörtlich. ganz wörtlich, ganz real. sie hat sie von ihrer minifarm mitgebracht, in einer großen stabilen plastiktüte, lebend. das war einmal... ganz real und ganz ganz nebenan.



wir freiwilligen haben ein angebot bekommen. in der selva, dem peruanischen urwald gibt es eine traditionelle zeremonie, die von vielen pseudopriestern für touristen durchgeführt wird. heute abend kommt allerdings ein echter meister nach lima, der sein werk beherrscht und die erfahrenden leitet und vor ungewollten entwicklungen bewahrt, um mit ebenjenen, die sich dafür entscheiden, eine solche zeremonie zu begehen. sie beginnt um neun uhr und dauert ungefähr bis vier uhr am morgen. die teilnehmer werden ein sehr dickflüssiges braunes getränk zu sich nehmen und vom meister in den schlaf gesungen werden.
ayahuasca. ein viele jahrhunderte altes gebräu, welches enorm stark halozinogen wirkende stoffe enthält. die schamanen suchen auf diese weise kontakt zu den ahnengeistern und gottheiten. ich habe viel darüber nachgedacht, ob ich das möchte, oder nicht. ich bin nicht fertig geworden. ich werde heute nicht dahingehen. wie mag das wohl sein, ein so starkes halozinogen?

1 Kommentar:

  1. Morgen werden bei uns die pavos geschlachtet. Krieg ich das wohl hin, dabeizusein? Krieg ich das wohl hin, auch hinzugucken? Vielleicht sogar durch eine Kameralinse? Überall tote Tiere. Pelikane, Robben, Hunde, Tauben, Meerschweine, Pavos... (Wie gut, dass Zorbas lebt, höhö)

    Vielleicht bist du ja bis zum nächsten Angebot fertig mit Nachdenken und dann halluzinieren wir uns gegenseitig was vor :D

    Weniger als eine Woche man :)

    AntwortenLöschen