Donnerstag, 7. Oktober 2010

aves y olas

plötzlich treten wir mit einem schritt aus der stadt in die wüste. erst eine müllwüste, halbverbrannte abfälle bedecken den boden relativ dicht. wir passen auf, wo wir unsere füße aufsetzen. dass hier noch in der nacht irgendetwas gebrannt hat, verrät uns der scharfe geruch. bald jedoch wird der müll weniger und wir laufen tatsächlich durch eine bilderbuchsandwüste. einzig die total zerrumpelte landstraße verrät naheliegende zivilation. diese überqueren francisco und ich ein bisschen vor den heranholpernden lastwagen fliehend. dann versinken unsere füße im tiefen sand und nachdem wir die große dühne überquert haben entscheiden wir uns, ein bisschen zu gehen, mit dem blick auf etwas weites, wunderbar endloses...
mit großen schritten fliegen wir die dühne abwärts, francisco erzählt mir, dass er hier als kind einmal zig meter weit runtergegrollt ist. ich stelle mir ein lustiges szenario vor...
es geht über eine weitere straße, dann folgen wir einer allee mit knorrigen, alten und merkwürdig gestutzten bäumen. wenn es dunkel wäre, würde ich durch ein burtonfilmset laufen. aber der tag hat gerade erst begonnen. die piste führt um eine ausladende kurve, dann überqueren wir die panamericana. eines tages werde ich da unten fahren, werde zeit vergessen und raum durchmessen, bis ich in letzter sekunde aus meinem minibus springe, der dann mit getöse einen heroischen abgang vom kap horn in die eiskalten fluten macht.
jetzt jedoch laufen wir noch ein paar schritte, steigen über einen flachen geröllwall und fühlen, wie anders der sand hier ist, hier am pazifischen ozean... wir setzen uns. ich zwinkere nicht, keinen bruchteil einer sonst oft nichtigen sekunde möchte ich diesen anblick entbehren.

irgendwo weit da draußen vereinen sich die luftmassen und unter stetiger beschleunigung schieben sie sich über das tiefblau, mit enormer kraft zieht es sie aufs land, der wind jagd uns ins gesicht. aller paar sekunden bricht eine meterhohe welle mit großartiger gewalt und ergießt sich in silbernem schaum, während der siebenköpfige schwarm außerordentlich großer seevögel in ergreifend schöner formation zum nächsten wellenkamm abdreht. erst denke ich, sie spielen, ihr spielfeld ist die welle. dann wird mir jedoch klar: es sind artisten, sie gehören zu den besten der welt. die schönheit ihrer ästhetisch endlosen darbietung ist für mich garnicht ganz aufnehmbar. deswegen starre ich nur.. überlege mir, wie ich dieses photo machen soll, wenn ich die maschine einmal mit herbringe, die brechenden wasserberge, die virtuosen der luft, im hintergrund die malerisch geformte insel... francisco erzählt mir, dass er hier seit seiner kindheit oft herkommt, nicht selten zum lesen. auch einige seiner gedichte sind hier entstanden. ja, es ist ein magischer ort ohne jegliche begrenzung.
wir entscheiden uns, am meer entlang zu spazieren bis zum nächsten ort und von dort mit dem bus zurückzufahren. unsere füße tragen uns südwärts, begleitet von zwei hunden. dem einen hat jemand mit weißem sprühlack den namen einer der beiden größten fußballmannschaften limas auf das schwarze fell gesprüht. wir lauschen den unbeschreiblichen wellen des pazifik, betrachten mit merkwürdig gemischten gefühlen den vom schädel bis etwa zur hälfte der wirbelsäule verwesten seehundkadaver und wenden unsere aufmerksamkeit anschließend wieder unweigerlich den flugkünstlern. 

bis zu meinem nächsten besuch hier lass ich mir flügel wachsen und dann werde ich mich mit ähnlich majestätischen schwingen in die salzige meeresluft erheben, als teil dieses kunstwerkes, geziehlt durch wellen hindurchschlagen und mich gänzlich dieser choreografie natürlicher unantastbarkeit hingeben.

3 Kommentare:

  1. Wow, das wird echt immer besser. Freut mich so, dass du so etwas erleben kannst!

    Wo bekomme ich nur die 800 her ...

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  2. großer Bruder Sven8. Oktober 2010 um 06:06

    Ich sagte, Du wirst glücklich sein. Ich wusste, ich habe Recht!

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  3. Ich glaube, ich hab da ein Buch für dich. Son Reclamheft (wie der Ringelnatz vom Seminar, den ich sogar dabei habe), aber in rot auf spanisch. Bring ich dir nach Lima mit, dann kannst du dich auf die Düne setzen, von Vögeln lesen und Vögel beobachten. Das wird gut.

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